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Anja Laukötter: Sex – richtig! Körperpolitik und Gefühlserziehung im Kino des 20. Jahrhunderts (Göttingen: Wallstein Verlag 2021)

Das Buch: Sexualaufklärungsfilme versuchten über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg, Einstellungen und Verhalten der Menschen zu formen. Sie zirkulierten ins europäische Ausland, in die USA und zurück. Ihr visueller und epistemologischer Referenzrahmen waren die Wissenschaften der Medizin, Pädagogik und Psychologie, was sich auch in der Zuschauerforschung spiegelte. Im Namen der Gesundheit des Körpers wurden stets Gefühle eingesetzt, doch die emotionale Kultur veränderte sich. Im Ersten Weltkrieg sollte Wissen über Syphilis Angst erzeugen und so Soldaten von ungeschützten Sexualkontakten abhalten. Im Weimarer Kino wurde die Bevölkerung gegen eine »falsche Scham« mobilisiert. Im Frontkino des Nationalsozialismus wurde die Angst durch ein unbedingtes Vertrauen ersetzt. Während der Besatzungszeit wurde Verständnis gefordert, gerade für die junge Generation. Diese sollte dann durch »positive Emotionen« in der DDR zur »sozialistischen Persönlichkeit« erzogen, in der BRD zur Selbstführung befähigt werden. Die AIDS-Bekämpfung ließ die Gefühle mit dem zu vermittelnden Wissen verschmelzen. So erzählt die Geschichte des Sexualaufklärungsfilms nicht nur von der Konstituierung, sondern auch von der Steuerung einer globalen Mediengesellschaft.

Die Autorin: Anja Laukötter, geb. 1972, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsbereich »Geschichte der Gefühle« des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und Co-Leiterin der internationalen ERC-Forschergruppe »The healthy self as body capital« (Advanced Grant). Veröffentlichungen u.a.: Body, Capital and Screens. Visual Media and the Healthy Self in the 20th Century (Mithg., 2020); Health Education Films in the Twentieth Century (Mithg. 2018); Learning How to Feel. Children`s Literature and the History of Emotional Socialization, 1870-1970 (Mithg., 2014); Infektion und Institution. Zur Wissenschaftsgeschichte des Robert-Koch-Instituts in der Zeit des Nationalsozialismus (Mithg., 2009); Von der »Kultur« zur »Rasse« - vom Objekt zum Körper? Völkerkundemuseen und ihre Wissenschaften zu Beginn des 20. Jahrhunderts (2007).

Sex – richtig! Körperpolitik und Gefühlserziehung im Kino des 20. Jahrhunderts basiert auf Anja Laukötters Habilitationsschrift, die im Forschungsbereich »Geschichte der Gefühle« am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin entstand und 2018 von der Humboldt-Universität zu Berlin angenommen wurde. Die Drucklegung des Buches und diese Webseite wurden finanziert durch das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin.


Kapitel 1: Kino, Krankheit und Gefühle vor und im Ersten Weltkrieg



Kapitel 2: Angst, Ekel und Scham in der Weimarer Republik



Kapitel 3: Die emotionale »Auftriebswirkung« des Films im Nationalsozialismus



Kapitel 4: Die Renaissance der Gefühle in der Besatzungszeit



Kapitel 5: Von der Scham zur Empathie. Anleitungen zur Selbstführung in der Bundesrepublik Deutschland



Kapitel 6: Von der Scham zur Lust? Sexualerziehung im Sozialismus der DDR