Sex richtig
Wissen und Emotion
Der Sexualaufklärungsfilm und die Formung des modernen Subjekts im 20. Jahrhundert
Das Buch:
Sexualaufklärungsfilme versuchten über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg, Einstellungen
und Verhalten der Menschen zu formen. Sie zirkulierten ins europäische Ausland, in die USA
und zurück. Ihr visueller und epistemologischer Referenzrahmen waren die Wissenschaften
der Medizin, Pädagogik und Psychologie, was sich auch in der Zuschauerforschung spiegelte.
Im Namen der Gesundheit des Körpers wurden stets Gefühle eingesetzt, doch die emotionale
Kultur veränderte sich. Im Ersten Weltkrieg sollte Wissen über Syphilis Angst erzeugen und
so Soldaten von ungeschützten Sexualkontakten abhalten. Im Weimarer Kino wurde die
Bevölkerung gegen eine »falsche Scham« mobilisiert. Im Frontkino des Nationalsozialismus
wurde die Angst durch ein unbedingtes Vertrauen ersetzt. Während der Besatzungszeit wurde
Verständnis gefordert, gerade für die junge Generation. Diese sollte dann durch »positive
Emotionen« in der DDR zur »sozialistischen Persönlichkeit« erzogen, in der BRD zur
Selbstführung befähigt werden. Die AIDSBekämpfung ließ die Gefühle mit dem zu
vermittelnden Wissen verschmelzen. So erzählt die Geschichte des Sexualaufklärungsfilms
nicht nur von der Konstituierung, sondern auch von der Steuerung einer globalen
Mediengesellschaft
Die Autorin:
Anja Laukötter, geb. 1972, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsbereich
»Geschichte der Gefühle« des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und CoLeiterin der internationalen ERC-Forschergruppe »The healthy self as body capital«
(Advanced Grant).
Veröffentlichungen u.a.: Body, Capital and Screens. Visual Media and the Healthy Self in the
20th Century (Mithg., 2020); Health Education Films in the Twentieth Century (Mithg. 2018);
Learning How to Feel. Children`s Literature and the History of Emotional Socialization,
1870-1970 (Mithg., 2014); Infektion und Institution. Zur Wissenschaftsgeschichte des RobertKoch-Instituts in der Zeit des Nationalsozialismus (Mithg., 2009); Von der »Kultur« zur
»Rasse« - vom Objekt zum Körper? Völkerkundemuseen und ihre Wissenschaften zu Beginn
des 20. Jahrhunderts (2007).
Sex – richtig! Körperpolitik und Gefühlserziehung im Kino des 20. Jahrhunderts basiert auf
einer Habilitationsschrift, die 2018 von der Humboldt-Universität zu Berlin angenommen
wurde. Sie entstand im Forschungsbereich »Geschichte der Gefühle« am Max-Planck-Institut
für Bildungsforschung in Berlin.
Die Drucklegung des Buches und diese Webseite wurden finanziert durch das Max-PlanckInstitut für Bildungsforschung in Berlin.
Kapitel 1 :
Kino, Krankheit und Emotionen vor und im Ersten Weltkrieg (1900 - 1918)
Kapitel 2:
Falsche Scham (1918 - 1933)
Kapitel 3:
Vom Entsetzen zum Vertrauen? (1933 - 1945)
Kapitel 4:
Die Renaissance der Gefühle (1945 - 1955)
Kapitel 5:
Von der Scham zum Vertrauen und zur Empathie mit Witz? Mit Wissen zur Selbstführung (BRD 1949 - 1990)